ADFC fordert Verkehrsrecht für alle - statt Stückwerk-Reform der StVO
Am 18./19. Oktober beschäftigen sich die Verkehrsminister der Bundesländer mit einer fahrradfreundlichen Reform der Straßenverkehrs-Ordnung. Der Fahrradclub ADFC begrüßt die Grundidee, fordert aber einen umfassenderen Ansatz.
Notwendig sei, das Verkehrsrecht insgesamt neu auszurichten, so dass alle Verkehrsarten davon profitierten, nicht in erster Linie das Auto.
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Das Verkehrsrecht als Ganzes verhindert die Weiterentwicklung der Städte zu Orten der Lebensqualität, und die gleichberechtigte Entwicklung von Rad, Fuß und ÖPNV. Die „Leichtigkeit des Verkehrs“, die als Prämisse das Verkehrsrecht beherrscht, muss für alle Verkehrsarten gelten – nicht nur für das Auto, wie bisher. Eine erneute Reform der StVO – ohne Reform des Straßenverkehrsgesetzes als Ermächtigungsgrundlage – bliebe Stückwerk und würde einen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik weiter verhindern.“
Überkommene Privilegien für den Kfz-Verkehr
In seinem Positionspapier „Ein neues Verkehrsrecht für die Mobilität von heute und morgen“ führt der ADFC aus, dass das bisherige Straßenverkehrsrecht implizit der Sicherstellung eines hohen Verkehrstempos diene – und damit die „langsameren“ Verkehrsarten systematisch benachteilige. Die einseitige Privilegierung des Autos als Verkehrsmittel stamme noch aus Wirtschaftswunder-Zeiten und sei durch die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte – Verstädterung, Stau-, Schadstoff- und Gesundheitsprobleme, Klimawandel – mittlerweile überholt. Stork: „Kinder, die zu Fuß gehen – und Menschen auf dem Rad werden vom Verkehrsrecht wie Hindernisse behandelt. Damit muss endlich Schluss sein, das Verkehrsrecht ist für alle da!“
Null Verkehrstote und nachhaltige Verkehrsentwicklung als Ziel
Der ADFC fordert, das Straßenverkehrsrecht so zu reformieren, dass die „Vision Zero“ (null Verkehrstote) und eine nachhaltige Verkehrsentwicklung die obersten Prämissen sind. Aspekte des Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutzes sind ebenso zu berücksichtigen, wie die spezifischen Interessen von Fuß- und Radverkehr. Konkret fordert der ADFC, dass Fahrradstraßen inklusive Einfahrtsbeschränkungen für den Autoverkehr, getrennte Ampelschaltungen und Tempo 30 deutlich leichter einzurichten sind. Die Möglichkeiten der Behörden, Kfz-Verkehrsflächen zugunsten des Fuß- und Radverkehrs umzuverteilen, oder Modellprojekte mit neuen Infrastrukturlösungen durchzuführen, müssen klar erweitert werden. Auch müsse der Mindestabstand von 1,50 Meter beim Überholen von Fußgängern und Radfahrenden ausdrücklich in der StVO niedergeschrieben und mit Bußgeld bewehrt werden.
Radverkehr in Deutschland – viel Luft nach oben
Es gibt rund 73 Millionen Fahrräder in Deutschland, fast doppelt so viele wie Autos. Das Potenzial des Fahrrads als Alltagsverkehrsmittel ist aber noch lange nicht ausgeschöpft. Das liegt in erster Linie an fehlender leistungsfähiger Fahrradinfrastruktur. Das zeigt ein Vergleich mit den Niederlanden: Radfahrende dort können auf das weltweit am besten ausgebaute Alltagsradwegenetz zurückgreifen. Dort legen die Menschen im Durchschnitt über 1.000 Kilometer im Jahr mit dem Rad zurück, in Deutschland sind es nur 400. Auch der Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr ist bei uns um zwei Drittel niedriger: In den Niederlanden liegt er bei knapp 30 Prozent, in Deutschland nur bei elf Prozent. Die Unzufriedenheit mit dem Infrastruktur-Angebot und das Unsicherheitsgefühl der Radfahrenden in Deutschland sind durch mehrere Studien belegt. Der ADFC fordert eine bundesweite Investitionsoffensive von 30 Euro pro Einwohner und Jahr für den Radverkehr mit dem Ziel, mindestens jede dritte Autofahrt auf das Rad zu verlagern. Denn 50 Prozent der innerstädtischen Autofahrten sind unter 5 Kilometer lang und 80 Prozent der Autofahrten dienen nicht dem Lastentransport. Es gibt also ein erhebliches Potenzial, Menschen aus dem Auto auf das Rad zu locken und damit Städte, Menschen und Klima von den Negativeffekten des Autoverkehrs zu entlasten.
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