Berlins Radfahrende werden zu eng überholt

Der Radmesser, ein Crossmedia-Projekt des Berliner Tagesspiegels, beweist: In Berlin werden Radfahrende viel zu eng überholt, so das Ergebnis der Datenauswertung des Projekts, das den Überholabstand zwischen Autos und Fahrrädern ermittelt hat.

Zugeparkte Radwege, zu enges Überholen: Ergebnisse des Radmessers in Berlin ausgewertet.

Laut Polizei und Rechtsprechung müssen Autofahrende einen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 bis 2 Meter beim Überholen von Radfahrenden einhalten. Das Crossmedia-Projekt Tagesspiegel Radmesser hat insgesamt 16.700 Überholvorgänge gemessen. Die Auswertung zeigt, dass Radfahrende mit deutlich zu geringem Abstand überholt werden: In 9.402 Fällen mit weniger als 1,50 Meter überholt, 3.019 mit weniger als einem Meter und in 192 Fällen mit weniger als 50 Zentimetern Abstand.

Insbesonde morgens zwischen 9 und10 Uhr wird es für Radfahrende eng. Für den Überholabstand machen Merkmale wie Geschlecht, Alter oder das Vorhandensein einer Warnweste laut Datenauswertung des Tagesspiegel keinen Unterschied. Die Messergebnisse belegen, was Teilnehmende der Radmesser-Umfrage als die größten Probleme im Berliner Straßenverkehr wahrnehmen: 77 Prozent der rund 5.000 Befragten gaben an, dass sie den Umgang zwischen Rad- und Autofahrenden in der Hauptstadt aggressiv bis sehr aggressiv wahrnehmen.

Die Angst fährt mit

Das gelte besonders in den ehemaligen Ost-Bezirken Berlins. Spitzenreiter mit 83,6 Prozent der Stimmen sei Treptow-Köpenick. 62,2 Prozent erklärten ferner, dass sie relativ viel Angst hätten, wenn sie in Berlin auf dem Fahrrad unterwegs seien. 20,5 Prozent sagten, dass sie viel Angst beim Radfahren hätten. Als Hauptursachen nennen sie neben aggressivem Verhalten (82,6 Prozent) zu nah überholende Autos (90,8 Prozent).

68,8 Prozent sagten, dass sie mit der Arbeit der Landesregierung in Bezug auf die aktuelle Verkehrssituation sehr unzufrieden seien und forderten deshalb von der Politik, dass sie sich stärker zu einem fahrradfreundlichen Berlin bekennt und dass u. a. Zweite-Reihe-oder Radweg-Parkende konsequenter abgeschleppt, wenn nötig Fahrverbote verhängt und Geschwindigkeitsbegrenzungen ausgesprochen werden. Auch die Straßenverkehrsordnung solle verstärkt an die Bedürfnisse von Radfahrenden angepasst werden.

Das Projekt Radmesser

Wie nah kommen sich Auto- und Fahrradfahrer im Berliner Stadtverkehr? Um diese Frage zu beantworten, hat die Redaktion des Tagesspiegels gemeinsam mit Physikern, Experten für Künstliche Intelligenz und Designern einen Sensor entwickelt, mit dem der Überholabstand zwischen den Verkehrsteilnehmern gemessen werden kann.

Der Sensor wurde von Ende August bis Mitte November 2018 an 100 freiwillige Radfahrenden im Alter von 20 bis 78 Jahren verteilt. Während ihrer Fahrten durch Berlin haben sie mehrere Wochen lang Daten in der ganzen Stadt erhoben, auf deren Basis das Team von Tagesspiegel Radmesser ermittelt, wo der Verkehr in der Hauptstadt für Radfahrende besonders eng und gefährlich ist. Insgesamt abgefahren wurden 13.300 Kilometer Strecke.


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