Liegeräder
So richtig aus der Nische herausgekommen sind sie nie. Dabei haben Liegeräder eine über 100-jährige Geschichte und zahlreiche Gattungen hervorgebracht. Technisch sind sie voll auf der Höhe der Zeit.
Fahrradentwickler experimentierten schon immer mit Rahmenformen, um das Radfahren komfortabel, kraftsparend und zügig zu machen. Erfolgreich in Sachen Geschwindigkeit waren vor allem die Liegeräder: Durch die tiefe Position ist der Luftwiderstand auf einem Liegerad sehr gering.
Vorteile
Liegeräder halten neben dem aerodynamischen Vorteil noch weitere Trümpfe in der Hand, beispielsweise die bequeme Sitzposition auf einem Schalen- oder Netzsitz. Er macht die Sitzprobleme auf einem Sattel vergessen. Arme, Hände und Handgelenke müssen kein Körpergewicht tragen. Auch der Kopf muss in der Regel nicht oder nur wenig geneigt werden. Mit einem Liegerad kann man selbst bei Problemen mit der Wirbelsäule noch sportlich unterwegs sein. Aufgrund des niedrigen Schwerpunkts ist es beinahe unmöglich, bei einem Unfall oder zu hartem Bremsen über den Lenker „abzusteigen“. Liegeräder gibt es nur in einer Größe. Sie lassen sich an unterschiedliche Körpergrößen anpassen, wenn der Ausleger mit dem Tretlager oder der Sitz verschoben wird.
Nachteile
Es gibt aber auch Nachteile: Liegeräder benötigen mehr Platz als herkömmliche Fahrräder. Beim Tragen oder auf Treppen sind sie oft sperrig, auch der Transport in Zügen kann problematisch sein. Praktisch sind da die faltbaren Modelle, die auch in einen Pkw-Kofferraum passen.
Das höhere Gewicht der Liegeräder zeigt sich an Anstiegen deutlich, bergauf geht es mit dem Liegerad oft langsamer als mit einem mehrere Kilo leichteren Fahrrad. Die kleinen Raddurchmesser können es unmöglich machen, Bordsteine ab einer gewissen Höhe zu überfahren.
Dass eine Änderung der Sitzposition während der Fahrt nicht möglich ist, kann als störend empfunden werden. Da der Schulterblick schwerfällt, werden Rückspiegel benötigt. Durch die niedrige Sitzposition ist der Überblick über den Verkehr eingeschränkter als auf anderen Fahrrädern.
Durch ihre Länge sind vor allem die sogenannten Langlieger wenig wendig, während Dreiräder, auch Trikes genannt, breiter sind als andere Fahrräder. Liegeräder werden nicht in großer Zahl produziert, daher sind sie recht teuer. Wer mit einer Pedelec-Version liebäugelt, muss den Geldbeutel noch etwas weiter aufmachen.
Spezialeinsätze und Liegeradtypen
Viele Liegerad-Modelle sind als Pedelec oder S-Pedelec erhältlich. Durch den niedrigen Schwerpunkt beeinflusst das Zusatzgewicht von Antrieb und Akku das Fahrverhalten so gut wie nicht. Beliebt sind Liegedreiräder auch im Reha-Bereich. Manche Modelle haben eine Hilfsmittelnummer und werden von den Krankenkassen bezuschusst. Unter Umständen finanzieren Krankenkassen teilweise auch andere Modelle. Gepäck verändert das Fahrverhalten ebenfalls kaum. Das qualifiziert sie für Radreisen.
Kurzlieger
Kurzlieger sind beliebt, weil sie ähnlich kompakt sind wie herkömmliche Fahrräder. Das Tretlager liegt vor dem Vorderrad. Der Oberkörper ist mäßig zurückgelehnt und erlaubt eine komfortable Kopfhaltung. Bei den Lenkern gibt es mehrere Varianten: Arme und Hände greifen einen Untenlenker sehr entspannt. Durch die breite Armhaltung ist die Aerodynamik nicht mehr so gut, und manche empfinden das Lenkverhalten als gewöhnungsbedürftig. Ein Obenlenker ist näher am klassischen Fahrradlenker. Es gibt ihn aerodynamisch vorteilhaft als Version mit den Händen nah am Körper oder als Um-die-Knie-Lenker, was etwas bequemer ist.
Sesselräder
Sesselräder sind eine Variante der Kurzlieger. Ihr Sitz liegt hoch, die Rückenlehne steht aufrecht und ein Obenlenker erhöht den Komfort zusätzlich. In der Komfortwertung liegt es ganz vorne, da die Kraftübertragung aber nicht sonderlich effektiv ist, eignet sich das Sesselrad eher für kürzere Strecken.
Langlieger
Langlieger sind Liegeräder, bei denen sich das Tretlager zwischen den Laufrädern befindet. Durch den langen Radstand vermitteln sie eine enorme Laufruhe, sind aber alles andere als wendig.
Tieflieger
Tieflieger werden vor allem für den sportlichen Einsatz oder lange Strecken genutzt. Da sich der Sitz nur knapp über dem Boden befindet, ist das Gefährt extrem flach und windschnittig. Das Tretlager befindet sich wie beim Kurzlieger vor dem Vorderrad.
Liegedreirad oder Trike
Liegedreiräder gibt es entweder mit zwei Rädern vorn oder hinten. Sie geben viel Sicherheit, der Ein- und Umstieg fällt auf ihnen leicht. Die Seitenwindanfälligkeit ist geringer, aber sie sind deutlich sperriger als zweirädrige Liegeräder. Sind die Laufräder vorne, handelt es sich um sportliche Modelle, die in Kurven nicht so leicht kippen. Liegedreiräder mit zwei Rädern hinten sind eher für gemäßigtere Einsätze gedacht.
Velomobile
Velomobile sind verkleidete Liegeräder. Ihre ausgezeichnete Aerodynamik und der Wetterschutz machen sie eigentlich zum idealen Pendlerfahrzeug für längere Strecken. Dennoch sind sie nicht weit verbreitet, sondern werden als Einzelstücke oder in Kleinserien gefertigt und sind entsprechend hochpreisig.
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