Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC)

ADFC gut aufgestellt

Seit 2011 hat Burkhard Stork den ADFC als Bundesgeschäftsführer gesteuert. Der studierte Theologe entwickelte den Verband weiter und setzte sich für einen jüngeren, weiblicheren und diverseren ADFC ein. Nun beendet er seine Tätigkeit beim ADFC.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork © ADFC/Bilan

Seit 2011 hat Burkhard Stork den ADFC als Bundesgeschäftsführer gesteuert. Der studierte Theologe entwickelte den Verband weiter und setzte sich für einen jüngeren, weiblicheren und diverseren ADFC ein. Er hat dem ADFC in der Bundespolitik deutlich mehr Gehör verschafft und politische Kontakte neu geknüpft. Im März 2021 beendet Stork seine Tätigkeit beim ADFC und wird zukünftig Geschäftsführer beim Zweirad-Industrieverband ZIV.

Herr Stork, was waren die größten Herausforderungen für den ADFC während dieser Zeit?

Ende 2010 ist Ulrich Syberg als ADFC-Bundesvorsitzender mit drei Anliegen angetreten: Er wollte das Radfahren und das Fahrrad wieder in die Mitte der Gesellschaft und die Medien bringen, den Radverkehr in der Bundespolitik stärker verankern und den ADFC modernisieren. Genau das waren die zentralen Arbeitsaufträge, als ich ein Jahr später Geschäftsführer wurde. Wir sind mit der Bundesgeschäftsstelle nach Berlin umgezogen, haben Kontakte in der Bundespolitik neu aufgebaut und den ADFC programmatisch neu aufgestellt. Der größte Meilenstein war dabei 2013 das Verkehrspolitische Programm. Die größte Herausforderung – und die hat der ADFC hervorragend gemeistert – war, dass der ADFC bei allen Veränderungen ein Verband geblieben ist – obwohl er vom Kopf auf die Füße gestellt wurde.

Wie hat sich der ADFC in den letzten neun Jahren verändert?

Im ADFC engagieren sich ehrenamtlich weit über 10.000 Menschen. Wenn viele Menschen mit Herzblut und Überzeugung zusammenkommen, besteht die Gefahr, dass sie sich ein bisschen zu sehr auf sich selbst und ihre eigenen Erfahrungen konzentrieren. An der ein oder anderen Stelle war der ADFC dieser Gefahr erlegen. Heute ist das anders: Der ADFC ist Teil einer breiten Bewegung von Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, die dem Fahrrad mehr Raum geben und mehr Menschen aufs Fahrrad einladen wollen. Der ADFC steht für die Verkehrswende mit dem Fahrrad im Mittelpunkt – entsprechend gibt es im ADFC noch mehr einladende Ortsgruppen, weitere spannende Arbeitsfelder und viel mehr engagierte Frauen sowie jüngere Menschen.

Über welche Erfolge haben Sie sich während Ihrer Zeit beim ADFC besonders gefreut?

Da fällt mir zum einen die Verabschiedung des Verkehrspolitischen Programms auf der Bundeshauptversammlung (BHV) 2013 ein. Im Vorfeld gab es viele Diskussionen, auch auf der BHV wurde noch scharf debattiert. Doch am Ende haben alle 140 Delegierte einstimmig das Programm beschlossen. Das war eine Sternstunde.

Eine weitere war die Verabschiedung der Ergebnisse des Verbandsentwicklungsprozesses. Der ADFC hat neun ambitionierte Ziele erarbeitet, die er erreichen will. Sie sind aus einem Prozess hervorgegangen mit vielen hundert Beteiligten, die sich an unterschiedlichen Stellen eingebracht haben. Herausgekommen ist kein verkopfter Text, sondern praktische, gut handhabbare Ziele. Von ihnen sind erste schon erreicht, bei anderen sind wir auf dem Weg. Ich kenne keinen deutschen Verband, der so gut aufgestellt ist wie der ADFC.

Der dritte Erfolg, der mir besonders am Herzen liegt, ist das Radverkehrskapitel im Klimapaket der Bundesregierung. Das Paket ist insgesamt enttäuschend und wird seine Ziele nicht erreichen, aber der Teil zum Radverkehr ist sehr gut, ambitioniert und finanziell gut hinterlegt. Der Teil enthält die entschiedenste Radverkehrsförderung weltweit – und er geht bis in die Details auf Ideen und Vorschläge des ADFC zurück. Dass wir uns hier so stark einbringen konnten,  liegt nur daran, dass viele Menschen im ADFC, hauptamtlich und ehrenamtlich, dabei professionell und hervorragend zusammengearbeitet haben.

Welche Herausforderungen erwarten den ADFC in Zukunft?

In den nächsten fünf Jahren werden hunderte von Kommunen, die oft Jahrzehnte nichts für die Radinfrastruktur getan haben, den Radverkehr in den Fokus nehmen. Das wird nicht reibungslos gehen. Wir wissen von den Städten, die sich schon auf den Weg gemacht haben, dass es sehr viele praktische Hindernisse gibt: zu wenig Planungsbüros und ausführende Firmen, mangelnde Erfahrung, auch mit neuen Bauformen wie geschützten Radfahrstreifen. Das wird den ADFC-Gliederungen vor Ort viel abverlangen, denn bei aller Ungeduld und Kritik müssen sie Kommunen gleichzeitig unterstützen, fördern und Hilfe anbieten. Eine Riesenaufgabe, aber ich bin beeindruckt, wie gut das in einigen Städten schon funktioniert, die bereits begonnen haben.

Wie schätzen Sie die Situation für Radfahrer*innen in Deutschland im Vergleich zu früher oder zu anderen Ländern ein?

Deutschland ist kein Radfahrparadies. Radfahren ist nicht so sicher und angenehm wie es sein könnte. In den Niederlanden ist es viel angenehmer als bei uns. Auch einzelne Städte wie Kopenhagen, Sevilla oder New York haben in den vergangenen Jahrzehnten deutliche größere Fortschritte gemacht als Deutschland. Aber gerade ändert sich die Situation grundlegend: Deutschland war noch nie so nah dran, dass Radfahren durch gute Radverkehrsinfrastruktur in geschlossenen Netzen angenehm zu machen!

Was wünschen Sie sich für Radfahrende in Zukunft?

Supernormal – so soll das Radfahren für alle werden, egal ob für Kinder auf dem Weg zur Schule, Väter beim Familieneinkauf, Senioren auf dem Weg zum Café, Kurierdienste beim Ausfahren. So wie in den Niederlanden: Menschen, die nebeneinander fahren, sich unterhaltend und wenn es regnet auch mit Schirm und einfach „gechillt“ unterwegs sind.


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