Beteiligung darf keine Show sein
Nachgefragt bei Ansgar Hegerfeld, dem Verkehrspolitischen Sprecher des ADFC Frankfurt: Wir wollten wissen, ob die neue Koalition am Römer die Verkehrswende in Frankfurt am Main ausbremst und welche Maßnahme die Stadt besonders gut voranbringen.
In Frankfurt hat sich in Sachen Mobilitätswende einiges getan. Was hat hier den Radverkehr besonders vorangebracht?
Am meisten vorwärtsgebracht haben uns die schnell, einfach und kostengünstig umsetzbaren neuen breiten Radfahrstreifen. Wo es geht, werden sie mit Trennelementen von der restlichen Fahrbahn abgetrennt. So konnten wir in kurzer Zeit viele Lücken im Radwegenetz schließen, auch wenn vielleicht noch nicht alles perfekt ist.
Mit dem sonst üblichen Warten auf große Straßensanierungen, bei denen dann der vorhandene Platz komplett verteilt werden kann, wären wir deutlich langsamer. Die Stadtverwaltung hat inzwischen eigene Standards und Vorlagen, wie die Absicherung von Kreuzungsbereichen gegen Falschparker mit Fahrradbügeln. Wir haben auch Baumaßnahmen an großen Straßen, die komplett gesperrt sind. Da gewöhnen sich die Menschen dran und oft wird die Straße dann mit einem Radweg auf einer Fahrspur eröffnet – und die Autospur fehlt niemandem. Schaffen wir attraktive Angebote, werden sie auch angenommen und honoriert. Notwendig ist der politische Wille, die technischen und rechtlichen Möglichkeiten sind zum Großteil vorhanden.
Aktuell blockiert die FDP den Masterplan Mobilität. Wird die Mobilitätswende in Frankfurt ausgebremst?
Der Masterplan Mobilität soll die Weichen für die Zukunft stellen und eine Zielrichtung vorgeben, wovon der Radverkehr ein Teil ist. Die einzelnen Maßnahmen für den Radverkehr betrifft das aktuell nicht, weil es hierzu auch einen Stadtverordnetenbeschluss gibt. Sinnvoll ist die Einbettung der Einzelmaßnahmen in eine Strategie, damit die Maßnahmen in anderen Bereichen auch dasselbe Ziel verfolgen. Blockiert wird aktuell der Beschluss des Logistikkonzeptes, was der lokalen Wirtschaft schaden wird. Wie es mit dem Masterplan Mobilität und unserer Römer-Koalition zukünftig weitergeht, lässt sich schwer abschätzen.
Am Masterplan Mobilität haben sich Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Kann es problematisch werden, wenn das gemeinsam Entwickelte nicht umgesetzt wird?
Die Gegner der Radverkehrsförderung fordern sehr gerne mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Wenn aber bei den Beteiligungsformaten nicht das gewünschte Ergebnis herauskommt, weil die Menschen vor Ort das Gegenteil wollen, wird einfach der Prozess infrage gestellt. Damit signalisiert man den Menschen, dass ihre Beteiligung
nur Show und ihre Stimmen nichts wert sind – und stellt so auch unsere demokratische Basis infrage.
Beim Masterplan Mobilität haben sich über 3.000 Menschen beteiligt, die Hälfte waren Kinder und Jugendliche. 30 Schulen, fünf Kinder- und Jugendeinrichtungen, Universitäten, die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer sowie einige per Losverfahren ausgewählte Menschen haben sich an dem Prozess beteiligt. Die
Parteien hätten ihre Mitglieder natürlich auch zur Teilnahme motivieren können, doch im Nachgang per politischem Beschluss das Ergebnis der Bürgerbeteiligung umdrehen zu wollen, zeugt von einem sehr seltsamen Demokratieverständnis und von fehlender Wertschätzung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
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