Mängel am neuen Fahrrad: Was tun?
Nicht jeder Fahrradkauf ist direkt ein Volltreffer – manchmal treten Mängel auf, die behoben werden müssen. Meistens möchten Kund:innen das mangelhafte Rad gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben. Doch das ist nicht der erste Schritt.
Stellen Käufer:innen nach einem Fahrradkauf Probleme fest, wenden sich die Mitglieder unter ihnen auch an den ADFC. Oft geht es dabei um Elektrofahrräder, die Mängel aufweisen und gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgehen sollen. Ob nun Pedelecs empfindlicher sind oder die Ansprüche der Käufer:innen bei teuren Rädern höher sind, sei dahin gestellt. Mängel können auch an unmotorisierten Fahrrädern auftreten.
Mängelbeseitigung ist der erste Schritt
Funktioniert ein Fahrrad nicht wie vorgesehen, möchten viele Kund:innen es gerne gegen Kaufpreiserstattung zurückgeben. Der Rücktritt vom Kauf ist aber erst der letzte Schritt. Zunächst besteht nur ein Anspruch auf „Nacherfüllung“, wenn der Kaufvertrag nicht durch Lieferung eines mangelfreien Fahrrads erfüllt wurde. Dabei geht es meist um eine kostenlose Reparatur (Nachbesserung), seltener um den Umtausch gegen ein einwandfreies identisches Rad.
Kaufpreisminderung wird selten genutzt
Käufer:innen haben grundsätzlich die Wahl, doch die Neulieferung darf vom Handel als unverhältnismäßig teuer verweigert werden, besonders bei kleineren Mängeln. Zudem kann die Ersatzlieferung noch einmal mit einer langen Wartezeit verbunden sein. Die gesetzliche Möglichkeit, den Kaufpreis zu mindern, spielt zumindest in der Beratungspraxis des ADFC keine Rolle.
Wer gekauft hat, muss die Mängel beweisen
Die Beweispflicht für Mängel liegt grundsätzlich bei den Käufer:innen. Hier gibt es aber zwei Erleichterungen: Fehler und ihre Ursachen müssen nicht konkret benannt werden; es reicht ein Hinweis auf die Mangelerscheinungen. Ob ein Aussetzer des Antriebs am Akku, an der Steuerung oder am Motor liegt, müssen Käufer:innen nicht angeben.
Beweislastumkehr beträgt seit 2022 ein Jahr
Für Käufe ab dem 1. Januar 2022 ist EU-weit die Beweislastumkehr für anfängliche Mängel von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert worden. Zeigt sich innerhalb eines Jahres seit Übergabe ein Sachmangel, wird gesetzlich vermutet, dass die gekaufte Ware von Anfang an mangelhaft war – es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands unvereinbar.
Eine abgenutzte Kette oder einen Unfallschaden wird man auch innerhalb der ersten zwölf Monate nicht reklamieren können, aber für zunächst nicht offensichtliche Herstellungsfehler müssen Verkäufer:innen nun länger die Mangelfreiheit bei Übergabe beweisen.
Nachbesserung verlängert Sachmängelhaftung
Die Begrenzung der Sachmängelhaftung auf zwei Jahre ist grundsätzlich unverändert geblieben. Neu ist: Wenn der Mangel noch in dieser Zeit auftritt, kommen ab diesem Zeitpunkt bis zu vier Monate dazu. Außerdem haftet der Handel zwei weitere Monate ab Rückgabe des nachgebesserten Fahrrads.
Nacherfüllung fordern
Zur Nacherfüllung können Käufer:innen mündlich oder in Textform auffordern. Sie müssen bereit sein, das mangelhafte Rad zum Überprüfen der Mängelrügen zur Verfügung zu stellen.
Grundsätzlich tragen Verkäufer:innen die Nebenkosten der notwendigen Nachbesserung wie den Transport eines nicht fahrbereiten Zweirads, aber normalerweise nur am Ort des Geschäfts und nicht, wenn der Mangel beispielsweise auf einer Urlaubsreise auftritt.
Wer verkauft, trägt die Verantwortung
Manche verweisen Schadensfälle generell an den Hersteller. Ein Wahlrecht, ihre Sachmängelhaftung oder eine Herstellergarantie zu nutzen, besteht nur aufseiten der Käufer:innen. Auch wenn Verkäufer:innen sich vom Hersteller unterstützen lassen, bleiben sie verantwortlich.
Kein Anspruch auf Leihrad
Weitergehende Serviceleistungen sind im Kaufrecht nicht vorgesehen. So besteht nicht ohne Weiteres ein Anspruch auf ein kostenloses Ersatzrad, auch nicht während einer übermäßig lange dauernden Nachbesserung. Eine Mahnung in Textform mit einer angemessenen Fristsetzung setzt Verkäufer:innen in Verzug. Sie schulden dann Schadensersatz, wie für die Kosten eines Mietfahrrads.
Die „angemessene Frist “ ist so zu bemessen, dass Verkäufer:innen die Nacherfüllung rechtzeitig vornehmen können. Sie kann mehrere Wochen dauern, wenn das bei objektiver Betrachtung notwendig ist, beispielsweise, weil Ersatzteile zeitweilig nicht erhältlich sind.
Wann kann man vom Kauf zurücktreten?
Eine unvollständige oder nur vorübergehend wirksame Reparatur berechtigt noch nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. § 440 BGB gewährt dieses Recht ohne weitere Fristsetzung, wenn die Nachbesserung fehlgeschlagen oder unzumutbar ist, und definiert im Regelfall erst den erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen.
Mit dem „erfolglosen zweiten Versuch“ ist die wiederholte Beseitigung desselben Fehlers gemeint. Auch immer wieder neue Fehler oder eine überlange Reparaturzeit können die Nachbesserung unzumutbar machen.
Schriftlicher Rücktritt
Wenn man auf dieser Grundlage am besten schriftlich oder per E-Mail den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und das Pedelec zurückgibt, hat man Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises.
Man muss sich aber den Wert der Nutzung bis zur Rückgabe anrechnen lassen. Beim Pkw ist die Berechnungsgrundlage der Anteil der gefahrenen Kilometer an der typischen Gesamtfahrleistung. Für Pedelecs fehlen solche Erfahrungswerte.
Berechnungsgrundlage der Nutzungsdauer
Deshalb legt man ihre zu erwartende Nutzungsdauer zugrunde, so wie für Kraftfahrzeuge mit geringer Jahresfahrleistung (ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Wohnmobil, 120 Monate). Das ist nach einem Mustergutachten auch eine typische Gebrauchsdauer von Fahrrädern und Pedelecs. Wer bis zur Rückgabe zwölf Monate gefahren ist, muss sich deshalb 12/120 (zehn Prozent) vom Kaufpreis als Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.
Längere Werkstattaufenthalte zählen nicht mit. Der Wertverlust – also die Differenz zwischen dem Neupreis und dem Preis, den Händler:innen bei einem Weiterverkauf des zurückgenommenen Pedelecs erzielen können –, wird deutlich höher sein. Darauf kommt es beim Rücktritt aber nicht an.
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