Qualitätsanforderungen für Radwegenetze
Folge der autogerechten Stadtgestaltung: Der Rad- und Fußverkehr muss sich mit schmalen Restflächen begnügen. Der ADFC hat Qualitätskriterien für durchgehende, sichere und gut ausgebaute nutzerfreundliche Radwegenetz und Verbindungen aufgestellt.
Grundlegende Rahmenbedingungen für den Radwegeausbau
Als Folge der autogerechten Stadtgestaltung ist der Rad- und Fußverkehr in Deutschland heute im Wesentlichen auf schmalen Restflächen untergebracht. Durchgehende sichere Verbindungen für den Radverkehr und gut ausgebaute nutzerfreundliche Radwegenetze sind selten.
Im Wesentlichen erwartet Radfahrende daher, wenn überhaupt, eine bunte Mischung von teils sehr veralteten Radwegen und unterdimensionierten Markierungslösungen auf der Fahrbahn. Häufig sind diese extrem schmal, unklar gestaltet, zwingen zu Umwegen oder enden im Nichts.
Vier Punkte
Für die Einrichtung guter systematischer Radverkehrsnetze ist es somit grundlegend,
- dass der öffentliche Straßenraum zugunsten der aktiven Mobilitätsarten zu Fuß und mit dem Fahrrad neu aufgeteilt wird und vorhandene Barrieren für diese Mobilitätsarten abgebaut werden. Voraussetzung dafür ist eine Abkehr vom bisherigen auto-affinen Planungsansatz, hin zu einer Planung von außen nach innen, welche die Bewohnbarkeit und Funktionsfähigkeit der Städte und Gemeinden in den Vordergrund stellt. Dazu wird zunächst den verletztlichsten Verkehrsteilnehmenden, also den Menschen, die zu Fuß und mit Fahrrad unterwegs sind, genügend Platz im Straßenraum eingeräumt, damit sie sicher unterwegs sein können. Ist dies gewährleistet, werden die verbleibenden Flächen für den Kfz-Verkehr justiert.
- dass Fahrräder und Pedelecs als Alltagsverkehrsmittel bei der Netzplanung ernstgenommen werden, sodass sie mühelos für jede Art der Fortbewegung eingesetzt werden können: zur Arbeit und zur Schule ebenso wie zum Einkauf und in der Freizeit. Voraussetzung dafür ist eine angebotsorientierte Planung, die jede Straße zur fahrradfreundlichen Straße macht.
- dass Radwegenetze eingerichtet werden, die sicher und komfortabel zu nutzen sind für Menschen unterschiedlichster Couleur, aus allen Altersgruppen und mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten. Sie sind so einladend gestaltet, dass Radfahren als Selbstverständlichkeit angesehen wird, die jeder tun kann, einfach und schnell.
- dass flächendeckend Radverkehrsanlagen eingerichtet werden, die sorgfältig auf die spezifischen Anforderungen und Eigenschaften des Radverkehrs ausgerichtet sind (z. B. hohe Zeit- und Umwege-Sensibilität, spezielle Fahrdynamik, hohe Verlässlichkeit).
Hauptanforderungen an ein systematisches Radverkehrsnetz
Die Hauptanforderungen an ein systematsiches Radverkehrsnetz sind die Punkte Sicherheit, Kohärenz, also der Zusammenhang, die Durchgängigkeit und die Qualität des Netzes, die Direktheit der Wege, der Komfort und die Attraktivität des Netzes. Die Punkte werden im folgenden noch verdeutlicht.
Sicherheit
Gute Radwegenetze
- sind verkehrssicher und werden auch von den Nutzer*innen auch so wahrgenommen. Sie besitzen daher eine hohe Nutzerakzeptanz.
- maximieren durch eine fehlerverzeihende Gestaltung im Sinne der Vision Zero (Null Verkehrstote) die Verkehrssicherheit von Radfahrenden und vermeiden dadurch tödliche und schwere Unfälle. Bei Bedarf räumen sie dazu dem Radverkehr Vorrang vor dem Kfz-Verkehr ein.
- trennen Radverkehr und Kfz-Verkehr bei hohen Geschwindigkeiten (>30 km/h) und hohem Verkehrsaufkommen.
- verfügen über sichere Kreuzungen.
- bieten Radfahrenden immer eine bequeme Strecke, sind stressarm zu befahren und bieten ein hohes Maß an persönlicher/sozialer Sicherheit. Routen, die nachts befahren werden, sind beleuchtet.
Kohärenz
Gute Radwegenetze
- sind engmaschig, lückenlos und durchgängig ohne Unterbrechung befahrbar.
- verbinden alle Ausgangs- und Zielpunkte des Radverkehrs. Sie ermöglichen den direkten Zugang zu und innerhalb aller Zentren für Beschäftigung, Bildung, Einzelhandel, von kommunalen Einrichtungen und in den (Wohn-)Quartieren.
- besitzen eine einheitliche Qualität:
Sie sind durch die Verwendung einheitlicher Standards und Designs klar und eindeutig erkennbar und verfügen auf der gesamten Länge über eine konstante Qualität, einschließlich gut gelegener Fahrradabstellanlagen.
Sie bieten ein einheitliches durchgehendes Schutzniveau und gewährleisten eine freie Routenwahl. - sind gut mit dem öffentlichen Verkehr verknüpft.
Direktheit
Gute Radwegenetze
- basieren auf einer direkten Routenführung. Sie sind umwegefrei und logisch geführt.
- machen den Radverkehr durch direkte Routenführungen und die Erteilung von Vorrang konkurrenzfähig zum Kfz-Verkehr.
- orientieren sich an Wunschlinien, also möglichst direkten Verbindungen von Tür zu Tür. Sie beschränken Umwege und Zeitverzögerungen (an Kreuzungen) für den Radverkehr auf ein Minimum. So wird Radfahren zwischen Wohngebieten und zu wichtigen Zielen zur angenehmsten und einfachsten Art der Fortbewegung.
Komfort
Gute Radwegenetze
- sind einfach und sicher befahrbar und gewährleisten einen schnellen Ablauf des Radverkehrs,
- verfügen über gut ausgebaute Breiten und Kurvenradien. Sie vermeiden komplizierte Fahrmanöver und anspruchsvolle Steigungen.
- besitzen eine glatte, rutschfeste Oberfläche und sind frei von Hindernissen.
- sind in einem guten Unterhaltungszustand, werden entwässert, freigehalten von Verschmutzungen und Ablagerungen (einschließlich Winterdienst) und verhindern durch Grünschnitt das Zuwachsen.
- sind unterbrechungsfrei und vermeiden enge Flächen, die mit dem Fußverkehr geteilt werden müssen.
Attraktivität
Gute Radwegenetze
- sind attraktiv, interessant und gut gepflegt. Sie laden zum Radfahren ein.
- sind so geplant und gestaltet, dass sie für Radfahrende zu jeder Tages- und Nachtzeit und wetterunabhängig attraktiv sind.
- sind gut in ihre Umgebung integriert und komplettieren diese. Sie verbessern die Aufenthaltsqualität und die Stadtgestaltung und erhöhen die öffentliche Sicherheit.
Die Qualitätsanforderungen für Radwegenetze finden sich in der blauen Servicebox auch als PDF zum Herunterladen.
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