ADFC-Bundeshauptversammlung 2022
Die 42. Bundeshauptversammlung tagte am 12. und 13.11.2022 in Bremen. Die 140 Delegierten stimmten über Anträge zur Reform des Straßenverkehrsgesetzes, der Fünf-Jahres-Strategie des Verbands und Verbesserungen für die Kombination von Rad und Bahn ab.
Auf der 42. ADFC-Bundeshauptversammlung (BHV) begegneten sich die Delegierten aus ganz Deutschland wieder live. Nach einer ausgefallenen und einer überwiegend digitalen BHV trafen sie sich in Bremen, um die Weichen für die zukünftige Arbeit des Vereins zu stellen. Dass sie dabei persönliche Kontakte ausbauen und sich austauschen konnten, trug zur guten Atmosphäre bei. Mit Bremen als Tagungsort kehrte der ADFC an seinen Geburtsort zurück. Er wurde 1979 im Wohnzimmer des Bremers Jan Tebbe gegründet.
Der ADFC macht Druck
Die Bremer Verkehrssenatorin Dr. Maike Schaefer stellte in ihrem Grußwort vor, was sich in der Hansestadt für den Radverkehr getan hat: Innovationen wie die Fahrradmodellquartiere seien entstanden, zudem stünden Investitionen in drei neue Fahrradbrücken über die Weser an, aber es sei noch Luft nach oben. Schaefer betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit mit dem ADFC-Landesverband in Bremen sei und dass Politik den Druck von außen brauche.
Ein Stichwort, dass die ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters gerne aufgriff: „Sie wollen Druck? Wir haben dazu etwas vorbereitet.“ Sie stellte den politischen Leitantrag des ADFC vor – der Druck auf den Bundesverkehrsminister macht, die grundlegende Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) endlich anzupacken. Die Verkehrsministerkonferenz signalisierte Unterstützung für das Reform-Anliegen des ADFC. „Offenbar haben die Landesverkehrsminister:innen mehr verstanden als der Bundesverkehrsminister“, so Peters.
Dieser ADFC-Antrag bekräftigt die Forderung, die Belange des Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutzes und der städtebaulichen Entwicklung als gleichberechtigte Ziele in das StVG aufzunehmen. Die einseitige Bevorzugung des Autoverkehrs muss beendet werden. Die Klimaschutzziele können nur mit einer Verkehrswende erreicht werden, die den Rad- und Fußverkehr sowie den Umweltverbund in Stadt und Land attraktiv macht und mehr Platz für den Aufenthalt der Menschen zur Verfügung stellt.
ADFC-Antrag einstimmig beschlossen
Dem konnten die Delegierten nur zustimmen und nahmen den Antrag einstimmig an. Sie richteten so den dringenden Appell an Bundesverkehrsminister Wissing, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überarbeitung des Straßenverkehrsgesetzes sofort anzugehen. Bis spätestens Ende des Jahres soll er einen Referentenentwurf mit den Änderungen vorlegen. Dann könnte die Reform des StVG spätestens im ersten Quartal 2023 verabschiedet werden und schnellstmöglich in Kraft treten.
„Es kann nicht sein, dass im Jahr 2022 Bürgermeister:innen immer noch am StVG und der StVO scheitern und Tempo 30 nicht umsetzen können, obwohl sie das möchten“, sagte die ADFC-Bundesvorsitzende Peters, auch mit Blick auf das Tempo-30-Städtebündnis, dem inzwischen mehr als 315 Kommunen in Deutschland angehören.
Verkehrssenatorin Schaefer freute sich sichtlich über das eindeutige Abstimmungsergebnis. Der Leitantrag kam ihr als Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz sehr gelegen, da er die Position der Länder unterstützt. So versprach sie, den ADFC-Antrag ihren Kolleg:innen auf der Videokonferenz Ende November vorzustellen.
Ambitionierte Zukunftsstrategie
Was der ADFC darüber hinaus in den nächsten fünf Jahren erreichen will, beschreibt die Fünf-Jahres-Strategie des Bundesvorstands. Er hat sie auf Grundlage der Satzung, des Verbandsentwicklungsprozesses, des Verkehrspolitischen Programms und des Aktionsplans „So geht Fahrradland“ erstellt, mit der Bundesgeschäftsstelle weiterentwickelt und im Bund-Länder-Rat des ADFC mit den Landesverbänden diskutiert. Nun lag es an der BHV, die Strategie zu diskutieren.
Die Zukunftsstrategie beschreibt inhaltliche Ziele in der Verkehrspolitik und im Fahrradtourismus, aber auch strukturelle Ziele für den Verband, seine Kommunikation und finanziellen Ressourcen, zur Digitalisierung und Verbraucherberatung. Die Fünf-Jahres-Strategie ermöglicht es dem ADFC, seine Aktivitäten als Gesamtverband konsequenter an konkreten Zielen auszurichten, seine Aufgaben zu priorisieren und insgesamt besser zu planen.
Dass schaffe Orientierung nach außen und innen, sagte Rebecca Peters und betonte, dass es dringend notwendig sei, dass der gesamte Verband gemeinsam an der Umsetzung der festgehaltenen Ziele und Visionen arbeite. Die Fünf-Jahres-Strategie wurde mit überragender Mehrheit von der Versammlung beschlossen.
Bessere Kombination von Rad und Bahn
Die ADFC-Delegierten verabschiedeten zudem ein ganzes Paket an Forderungen zur besseren Vernetzung von Rad und Bahn. Das Thema treibt viele Menschen im ADFC um, so kamen verschiedene Anträge zusammen, die sich alle mit Verbesserungen bei der Radmitnahme beschäftigten. Die Versammlung sprach sich zunächst für eine grundsätzlich kostenfreie Mitnahme von Fahrrädern in Nahverkehrszügen aus. Außerdem sollen die Fahrradmitnahme-Kapazitäten sowie die Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen ausgebaut, die Buchung von Fahrradkarten im Fernverkehr erleichtert und Fahrradverleihsysteme in allen Pendelstädten geschaffen werden.
Klimaschutz in Satzung verankert
Im großen Veränderungsprozess des Verbands hat sich der ADFC 2018 eine neue Satzung gegeben und mit ihr positive Erfahrungen gesammelt, aber auch bemerkt, dass einige Stellen Interpretationsspieleräume ließen. Diese sollte nun ein Antrag des Bund-Länder-Rats beseitigen. Auch hier stimmten die Delegierten mit großer Mehrheit dafür. Unter anderem wird es künftig auch möglich sein, Mitgliederversammlungen aller Ebenen digital abzuhalten.
Mit einem weiteren Antrag hat der ADFC seine satzungsgemäßen Ziele – zu denen neben dem Verbraucherschutz auch Natur- und Umweltschutz zählen – um den Klimaschutz ergänzt. Der Klimaschutz ist aktuell die größte Herausforderung der Menschheit. Er gehört seit jeher zum ADFC, sei aber nicht immer identisch mit Umwelt- und Naturschutz, hieß es im Antrag. Der Ausbau von Radinfrastruktur könne Eingriffe in die Natur erfordern, aber für den Klimaschutz dennoch sinnvoll sein. Um hier besser abwägen zu können, haben die Delegierten mit großer Zustimmung den Klimaschutz in der Satzung ergänzt.
Viel für den ADFC erreicht
Am Ende wurde es für die so erfolgreiche ADFC-Bundeshauptversammlung zeitlich eng. Das Gefühl, an diesem Wochenende viel geschafft zu haben, stolz auf das Erreichte sein zu können und zu wissen, den ADFC – trotz der schwierigen Zeiten – wieder ein gutes Stück vorangebracht zu haben, war bei der Verabschiedung beinahe mit den Händen zu greifen. So fiel der Dank des Vorstands und des BHV-Vorsitzes an die Delegierten sehr groß aus. Das Schlusswort gehörte dem Vorsitzenden der BHV, Hermino Katzenstein. Er gab bekannt, dass die nächste ADFC-Bundeshauptversammlung im November 2023 in Berlin stattfinden wird.
Erstes ADFC-Barcamp
Am Tag vor der Bundeshauptversammlung lud der ADFC erstmals zu einem Barcamp ein. Rund 90 ehrenamtlich aktive ADFC-Mitglieder waren dabei und brachten ihre Themen mit. Denn im Gegensatz zu einem Kongress gibt es beim Barcamp kein festgelegtes Programm.
Zwei Moderator:innen sammelten die Themenvorschläge ein und stellten das Programm vor Ort mit den Teilnehmenden zusammen. Bei den Themen ging es unter anderem um Kommunikation im ADFC, Lastenräder, Abstandsmessung, TourGuides, Mitgliedergewinnung, Zusammenarbeit mit der Politik, Radfahrkurse für Migrant:innen und die „Schokofahrt“.
Ausgangslage, Ideen und Ergebnisse wurden notiert, ebenso die Ansprechpersonen für die einzelnen Themen und deren Weiterführung nach dem Barcamp. Das neue Format war ein Erfolg: Viele Gespräche wurden geführt, Kontakte geknüpft und Impulse für die weitere Arbeit mitgenommen.
Werde ADFC-Mitglied!
Unterstütze den ADFC und die Rad-Lobby, werde Mitglied und nutze exklusive Vorteile!
- exklusive deutschlandweite Pannenhilfe
- exklusives Mitgliedermagazin als E-Paper
- Rechtsschutzversicherung
- Vorteile bei vielen Kooperationspartnern
- und vieles mehr
Dein Mitgliedsbeitrag macht den ADFC stark!