Bürgerinnen und Bürger bestimmen
Kultur und Infrastruktur gehören zusammen: Wer Bürger*innen beteiligt, erfährt, wie diese leben wollen und erhält Rückendeckung für den städtischen Umbau sowie Stimmen. Das zeigen drei Vorträge in der virtuellen ADFC-Akademie.
Die Niederlande sind das Fahrradland schlechthin. Aber auch hier wurde zunächst nur für Autos geplant. Wer für Autos plant, bekommt sie auch, wer für Menschen plant, erhält lebendige, lebenswerte Plätze und Städte, erläutert Saskia Kluit vom niederländischen Fietsersbond in ihrem Vortrag.
Sie zeichnet am Beispiel von Utrecht die Entwicklung in den Niederlanden nach und zeigt, wie ein fahrradfreundlicher Umbau in wenigen Jahren gelingen konnte. Der Schlüssel ist die Beteiligung der Bürger*innen und die entscheidende Frage: Wo und wie wollt ihr leben?
Video: Saskia Kluit, fietsersbond, Niederlande; Vortrag: Utrecht: Erfolgsfaktor Bürgerbeteiligung (2016) zu politischen Willen und Bürger*innenbeteiligung (in englischer Sprache)
Experimentierräume für ein schnelles Feedback
Durch die Abkehr von der autogerechten Stadt können enorme Flächenpotenziale freigesetzt werden, die sich für Experimentierräume nutzen lassen, sagt Dr. Cordelia Polinna von der Urban Catalyst GmbH. Sie beschäftigt sich mit der strategischen Stadtentwicklung.
Die Umgestaltung einer Stadt ist hoch emotional, sagt sie. In ihren Projekten hat es sich bewährt, Bürger*innen früh einzubinden und „spielerisch“ an die neuen Räume heranzuführen. Menschen müssen wieder ein Gefühl für freie Plätze und ihre Nutzung bekommen, so Polinna. Und das gelingt durch Experimentierräume besonders schnell. Weiterer Vorteil: Stadtplaner*innen merken unmittelbar, was funktioniert und was nicht, denn Zeit ist bei der Stadt- und Verkehrsgestaltung ebenfalls ein Faktor.
Video: Dr. Cordelia Polinna, Urban Catalyst; Vortrag: Die Fahrrad-Stadt von übermorgen gemeinsam gestalten (2017) zu Flächengerechtigkeit, Prozessdesign und Bürger*innenbeteiligung
Unfälle sind ein Problem der Politik
Auch die Politik muss engagiert Einfluss nehmen. In London änderte sich die Politik um die Jahrtausendwende und die Ausgaben für den Radverkehr wurden angehoben. Dennoch ist es nicht gelungen, flächendeckend eine sichere Umgebung für den Radverkehr zu schaffen. Bei Unfällen wird nicht über die Infrastruktur diskutiert, sondern darüber, ob das Unfallopfer Helm und Warnweste getragen hat. Unfälle sind aber kein individuelles Problem, sondern eines der Politik, sagt Dr. Rachel Aldred von der Universität Westminster.
Video: Dr. Rachel Aldred, Universität Westminster; Vortrag: The role of governance and cycling planning in London (2017) zu Leadership bei der Radverkehrsplanung (in englischer Sprache)
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