Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC)

Die Mehrheit der Bevölkerung hat grundsätzlich Interesse, Rad zu fahren, wird aber häufig durch die fehlende separate Radverkehrsinfrastruktur davon abgehalten.

Tempo 30 hat viele positive Auswirkungen auf den Radverkehr. © Melissa & Chris Bruntlett, www.modacitylife.com

Gute Gründe für Tempo 30

Verkehrssicherheit, Schutz vor Lärm und lebenswerte Städte: Tempo 30 hat viele positive Auswirkungen – nicht nur auf den Radverkehr. Deshalb setzt sich der ADFC für Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Deutschland ein.

Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen oder in einem Wohngebiet hat zahlreiche positive Auswirkungen auf den Radverkehr: Es verbessert die Verkehrssicherheit deutlich und trägt zu einem besseren Miteinander im Straßenverkehr bei. So wird Radfahren auch für Menschen attraktiv, die das Rad noch nicht für ihre Alltagswege nutzen. Außerdem mindert Tempo 30 die Lärm- und Schadstoffbelastung und erhöht die Lebensqualität. Der ADFC ermutigt deshalb Kommunen, überall dort Tempo 30 anzuordnen, wo es möglich ist.

Auf Bundesebene setzt sich der ADFC politisch dafür ein, dass Tempo 30 innerorts die Regelgeschwindigkeit wird, damit auf allen Straßen in Städten und Dörfern standardmäßig Tempo 30 gilt. Nur für Hauptverkehrsstraßen kann in begründeten Fällen eine höhere zulässige Höchstgeschwindigkeit (Tempo 50) festgelegt werden. Jedoch nur, wenn es eine lückenlose und sichere Radverkehrsführung gibt.

Damit wäre die bestehende Regel-Ausnahme-Situation umgekehrt: Tempo 30 wäre die Regel, Tempo 50 die Ausnahme.

Fünf gute Gründe für Tempo 30

1. Tempo 30 rettet Menschenleben

Tempo 30 macht Straßen deutlich sicherer, vor allem für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. Im Straßenverkehr kann schnell etwas Unvorhergesehenes passieren: ein Kind läuft plötzlich auf die Straße; eine Radfahrerin ist im zugeparkten Kreuzungsbereich erst spät zu sehen; ein Passant will die Fahrbahn queren, um auf die andere Straßenseite zu kommen.

In solchen Situationen macht es einen großen Unterschied, mit welcher Geschwindigkeit der Autoverkehr unterwegs ist. Bei Tempo 30 ist die Chance, ein Fahrzeug noch rechtzeitig zum Stehen zu bringen, wesentlich höher: Im Schnitt kommt ein Pkw nach 13,3 Metern zum Stehen. Ein Wagen, der mit Tempo 50 unterwegs ist, prallt wegen des längeren Reaktionswegs mit voller Geschwindigkeit auf eine Person oder einen Gegenstand in dieser Entfernung auf.

Mit Tempo 30 sinkt also die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes. Kommt es aber zur Kollision, ist die Überlebenschance für zu Fuß Gehende und Radfahrende deutlich größer. Die Geschwindigkeit beim Aufprall ist entscheidend für die Schwere eines Unfalls.

Verschiedene Studien zeigen, dass eine Kollision bei Tempo 50 erheblich gefährlicher für ungeschützte Verkehrsteilnehmer*innen ist als bei Tempo 30. Niedrige Geschwindigkeiten bedeuten ein deutlich geringeres Risiko für schwerste oder tödliche Verletzungen. Das kommt insbesondere Kindern und älteren Menschen zugute.

Tempo 30 macht also einen enormen Unterschied für die Verkehrssicherheit: Bei niedrigen Geschwindigkeiten sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Kollision eines Pkws mit ungeschützten Verkehrsteilnehmer*innen. Außerdem ist bei einem Aufprall mit geringerer Geschwindigkeit ist ihr Verletzungsrisiko deutlich geringer und die Überlebenschancen deutlich höher.

 

2. Tempo 30 verbessert das Verkehrsverhalten

Eine Verkehrskultur des Miteinanders kann sich bei Tempo 30 stärker herausbilden als bei höheren Geschwindigkeiten. Bei niedrigen Geschwindigkeiten können Autofahrer*innen das Geschehen in der Straße besser wahrnehmen. Sie haben mehr Zeit Gefahrensituationen zu erfassen und darauf zu reagieren.

Außerdem erleichtern niedrige Geschwindigkeiten die Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmer*innen im Kfz und Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind.

3. Tempo 30 beeinflusst die Verkehrsmittelwahl

Radfahrer*innen und Fußgänger*innen reagieren sensibel auf das Verkehrsumfeld. Niedrige Geschwindigkeiten wirken sich positiv auf die Umfeldqualität im Straßenraum aus. Sie sind daher wichtige Elemente der Förderung von Fuß- und Radverkehr. Durch mehr Menschen, die Rad fahren und zu Fuß gehen, steigt die urbane Lebensqualität weiter

Laut Fahrradmonitor 2019 geben 44 Prozent der Radfahrerinnen und Radfahrer an, sich nicht sicher oder überhaupt nicht sicher zu fühlen, wenn sie mit dem Rad im Straßenverkehr unterwegs sind. Viele von ihnen fühlen sich durch hohe Kfz-Geschwindigkeiten bedroht, vor allem dort, wo es keine separaten Radwege gibt. Sie weichen daher oft auf andere Bereiche wie Gehwege aus oder nutzen gleich andere Verkehrsmittel.

Besonders problematisch: Ein Großteil der Eltern fährt seine Kinder mit dem Auto auch auf kurzen Distanzen in die Schule, weil ihnen Radfahren oder Zu-Fuß-Gehen zu gefährlich erscheinen. Dabei werden sie mit ihren Autos selbst zur Gefahrenquelle im Umfeld der Schule.

Zudem tragen sie so zur „Auto-Sozialisation“ ihrer Kinder bei. Ihre Kinder machen weniger Alltagserfahrungen mit dem Fahrrad als beispielsweise Kinder in den Niederlanden. Das kann sich in späteren Lebensphasen auf die Verkehrsmittelwahl auswirken.

 

4. Tempo 30 schafft lebenswerte Städte und Gemeinden

Tempo 30 erhöht die Lebensqualität in einer Stadt oder Gemeinde. Hauptverkehrsstraßen können (wieder) zu Orten mit Aufenthaltsqualität werden, statt reine Transitstrecken von A nach B zu sein. Wenn der Verkehrslärm sinkt, wird es angenehmer, sich in der Straße aufzuhalten und Außenbereiche von Cafés oder Balkone und Terrassen zur Straßenseite zu nutzen.

Sind Menschen lieber zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, kommt das auch dem Einzelhandel im Quartier zugute. Werden die Straßen sicherer, langsamer und ruhiger, steigt ihre Aufenthaltsqualität und der Einzelhandel und die Gastronomie profitierten davon, weil Straßen zum Beispiel leichter überquert werden können und Geschäfte so besser zu erreichen sind.

5. Tempo 30 mindert den Verkehrslärm

Lärm kann der Gesundheit schaden. Mögliche Langzeitfolgen von dauerhafter Lärmbelastung sind zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen oder Depressionen. Der Straßenverkehr ist die größte Lärmquelle in Deutschland. Eine Umfrage des Umweltbundesamtes (UBA) zeigte 2020, dass sich 75 Prozent der Befragten durch Straßenlärm belästigt fühlen.

Niedrigere Geschwindigkeiten senken die Belastung durch Straßenlärm. Der Lärmpegel sinkt durch die Verringerung der Geschwindigkeit von Tempo 50 auf Tempo 30 durchschnittlich um ca. 3 dB(A). Das klingt nicht nach viel, verringert aber, so das UBA, den empfundenen Lärmpegel deutlich. Außerdem kommt es bei Tempo 30 seltener zu den als besonders störend empfundenen lauten Einzelereignissen wie lautstarkes Beschleunigen eines Pkws oder Motorrads.

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