Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC)

ADFC-Projekt InnoRADQuick Beispiel Sevilla

ADFC-Projekt InnoRADQuick Beispiel Sevilla © ADFC/April Agentur

Sevilla: Basisradverkehrsnetz in vier Jahren

Sevilla ist noch weit davon entfernt, eine Fahrradstadt zu sein. Dennoch ist die Stadt ein weltweites Vorbild: Sie hat es geschafft, in nur vier Jahren ein Basisnetz für den Radverkehr zu bauen und den Radverkehrsanteil um das Elffache zu erhöhen.

Das Fahrrad hat es heute ins Stadtbild von Sevilla geschafft. Die grün eingefärbten Hochbord-Radwege verlaufen entlang der Hauptverkehrsstraßen. Auf ihnen sind täglich unterschiedlichste Menschen mit dem Rad unterwegs: Frauen, Männer, Kinder, Ältere. Kaum vorstellbar, dass es in Sevilla vor wenigen Jahren so gut wie keinen Radverkehr gab.

Erfolgsfaktoren

Der starke Zuwachs des Radverkehrs hat einen Grund: Sevilla hat innerhalb kürzester Zeit ein lückenloses Radverkehrsnetz gebaut.

  • Das Netz verbindet auf direktem Weg alle wichtigen Ziele in der Stadt sowie die Stadtviertel miteinander.
  • Der Radverkehr ist baulich vom Kfz-Verkehr getrennt.
  • Die Radwege sind einheitlich gestaltet.
  • Sie sind intuitiv erkenn- und nutzbar.
  • Das Basisnetz der ersten Bauphase war 77 Kilometer lang. Es wurde in mehreren Phasen erweitert. Heute umfasst es 175 Kilometer.

Mit dem Bau des Netzes konnte die Stadt innerhalb weniger Jahre viele Menschen für das Radfahren begeistern. Der Anteil des Fahrrads an allen Wegen (Modal Split) wuchs nach dem Bau des Radverkehrsnetzes innerhalb von wenigen Jahren von 0,5 auf 5,6 Prozent in 2011 an.

Politischer Wille ist unabdingbar

Die Politik erreichte damit ihr Ziel, mehr Menschen zur Nutzung des Fahrrads als Alltagsverkehrsmittel zu bewegen. Vor der Errichtung des Radnetzes gab es in Sevilla nur zwölf Kilometer unverbundene Radwege, die kaum genutzt wurden.

Nach einem Regierungswechsel 2003 übernahm die Politik die führende Rolle und realisierte das Basisnetz innerhalb von einer Amtszeit. Der Netz-Gedanke, die Trennung vom Kfz-Verkehr und geschützte Radwege waren besonders wichtig.

Beteiligung ermöglichen

Während der Konzeption und Umsetzung des Radverkehrsnetzes konnten sich auch Bevölkerung und Zivilgesellschaft beteiligen. Insbesondere während der 1,5 Jahre dauernden Bauphase gab es auch Widerstände, beispielsweise aufgrund des Wegfalls von Parkplätzen.

Die Regierungskoalition wurde 2007 wiedergewählt und konnte ihre Politik zur Förderung des Fahrrads in Sevilla fortsetzen. Die Stadt erweiterte und verdichte in der Folge das Radverkehrsnetz und baute es auf eine Länge von 120 Kilometer aus.

Flankierende Maßnahmen ergreifen

Außerdem wurde das öffentliche Fahrradverleihsystem auf 2.500 Räder in 250 Stationen aufgestockt und weitere Fahrradparkplätze im öffentlichen Raum ge­schaffen. Zudem wurde die Altstadt verkehrsberuhigt, Fußgängerzonen geschaffen und die Zufahrt mit Pkws für Nicht-Anwohner*innen stark eingeschränkt.

Schließlich wurde das Radverkehrsnetz verbessert, das Kreuzungsdesign angepasst, um Konflikte mit dem motorisierten Verkehr zu entschärfen und das Rad­verkehrsnetz sicherer zu machen.

 

Finanzierung sichern

Das Budget für die drei Umsetzungsphasen bis 2011 umfasste insgesamt 32 Mio. Euro. Die ersten 77 Kilometer kosteten 18 Mio., die Erweiterung auf 120 Kilometer zwölf Mio. und die Verbesserungen im Netz zwei Mio. Euro.

Die Gelder stammten aus dem Stadthaushalt, die Netzerweiterung wurde auch aus nationalen Förderfonds für nachhaltige Projekte finanziert.

Maßnahmen auswerten

Während das Fahrrad in Sevilla vor 2006 überwiegend in der Freizeit genutzt wurde, entwickelte es sich durch das neu eingerichtete Radverkehrsnetz zum Alltagsverkehrsmittel – und zwar in allen gesellschaftlichen Schichten.

Das Fahrrad wird für den Schul- oder Arbeitsweg genutzt. Alle Altersgruppe fahren in Sevilla Rad, besonders aber Jüngere und Frauen. Bei ihnen stieg der Anteil von 13 Prozent (2006) auf 36 Prozent (2010).

Entscheidungen an die spezielle Situation der Stadt anpassen

Sevillas Radwegenetz besteht vor allem aus grünen Zweirichtungsradwegen, die meist nur 2,5 Meter breit sind. Geschützte Radfahrstreifen wäre günstiger gewesen und hätten einfacher errichtet und später bei steigendem Radverkehr verbreitert werden können.

Die Regierung entschied sich für die schmale Hochbord-Variante, um einen Rückbau bei einem Regierungswechsel zu verhindern. Zudem gab es anfangs kaum Radfahrende und man rechnete mit mehr Widerständen in der Bevölkerung.

Der ADFC empfiehlt, gleich auf komfortable Breiten zu setzen, das ist sicherer und bringt mehr Komfort. Die Zahl der Radfahrenden steigt ohnehin, wenn es für sie Angebote gibt.

Weitere Erfolgsfaktoren sowie den Wandel in der Verwaltung analysiert das Kapitel zu Sevilla in der Broschüre „InnoRADQuick - Schnell, innovativ und gut fürs Klima: So gelingt der fahrradfreundliche Umbau“.

Die Broschüre lässt sich in der blauen Servicebox herunterladen. Die Broschüre geht auf weitere Städte und ihren Wandel ein.

Förderlogos InnoRADQuick

Das Projekt InnoRADQuick wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und dem Umweltbundesamt im Zuge der Verbändeförderung gefördert.

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