StVO-Novelle: Steckbrief Fahrradstraßen und modale Filter
Die neue StVO erleichtert das Einrichten von Fahrradstraßen. Kommunen müssen nun keine besondere örtliche Gefahrenlage mehr nachweisen. Um Poller gegen unerlaubten Durchgangsverkehr aufzustellen, reicht ein städtebauliches Konzept.
Seit dem 11. Oktober 2024 lautet § 45 Abs. 1 StVO wie folgt: „(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten."
Das gleiche Recht haben sie […](7.) zur Verbesserung des Schutzes der Umwelt, darunter des Klimaschutzes, zum Schutz der Gesundheit oder zur Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung, sofern die Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigt ist und die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird, hinsichtlich […] (b) der Bereitstellung angemessener Flächen für den fließenden und ruhenden Fahrradverkehr".
Besondere örtliche Gefahrenlage für Fahrradstraßen entfällt
Damit entfällt für Fahrradstraßen nicht nur der Nachweis der „besonderen örtlichen Gefahrenlage“, sondern auch die Anforderung, dass sie auf Grund der besonderen Umstände „zwingend erforderlich“ sind. Die Einschränkungen für den übrigen Verkehr, die mit der Einrichtung von Fahrradstraßen verbunden sind, können einfacher und umfangreicher angeordnet werden.
Die Vorschrift ermöglicht Fahrradstraßen und -zonen ganz ohne Begründung mit der Verkehrssicherheit. Die bisherige Ausnahme von der „besonderen örtlichen Gefahrenlage“ reichte nicht immer aus. So scheiterte 2021 in Hannover die Einrichtung einer Fahrradstraße an den Klagen eines Anwohners: Die Fahrradstraße sei aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht „zwingend erforderlich“, entschied das Verwaltungsgericht. Die Straße sei außerdem zu schmal zum erlaubten Radfahren nebeneinander bei Gegenverkehr. Die nutzbare Fahrbahn könne aber durch das Entfernen von Parkplätzen verbreitert werden (VG Hannover, 7 A 7457/17 und 7 A 5667/19).
Durch Wegfall von Kfz-Parkplätzen kann Flächen für den Radverkehr geschaffen werden
Das passt zur neuen StVO: Auch der Wegfall von Kfz-Parkplätzen kann gestützt auf ein Radverkehrskonzept („zur Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung“) ein Beitrag zur „Bereitstellung angemessener Flächen für den fließenden Radverkehr“ sein. An die Angemessenheit sind keine übertriebenen Anforderungen zu stellen (siehe „Steckbrief zum Fahrradparken“). Unangemessen dürfen Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung bereits wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht sein.
Die „Bereitstellung“ geht nach Auffassung des ADFC über die Zuweisung von Verkehrsflächen für den Radverkehr hinaus und umfasst ihre Absicherung gegen unerlaubten Kfz-Verkehr durch modale Filter. Poller („Sperrpfosten“) sind Verkehrseinrichtungen und unterliegen – wenn sie mit der Verkehrssicherheit begründet werden – der Einschränkung „zwingend erforderlich“.
Weil sie diese Erforderlichkeit nicht nachgewiesen hatte, musste die Stadt Flörsheim am Main in einer Fahrradstraße mit Freigabe für Anlieger Poller und Sackgassenschilder abbauen. Die modalen Filter sollten Durchgangsverkehr fernhalten und das Radfahren fördern. Das Verwaltungsgericht ordnete ihre Beseitigung an. Es vermisste Zahlen zu bereits geschehenen Unfällen und Anzeigen wegen Nötigung oder Gefährdung. Nicht einmal der Zugang zu zwei Schulen über die Straße reichte als Begründung aus (VG Frankfurt a. M.,12 L 2888/20.F).
Begründet auf die neuen Ziele der StVO können abgelehnte Maßnahmen wirksam werden
Gestützt auf die neuen Ziele der StVO und den Schutz „angemessener Flächen für den Radverkehr“ könnte die Stadt einen neuen Anlauf für ihr berechtigtes Anliegen nehmen. Modale Filter wie Poller schließen unerlaubten Durchgangsverkehr wirksam aus. Sie tragen dazu bei, bereitgestellte Radverkehrsflächen zu schützen und entsprechen dem Anliegen der StVO, dass die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird.
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