Gesehen und Gefahren: Gepäcktaschen-Rucksack-Kombis
Gepäckträgertaschen sind praktisch – bis man sie längere Zeit abseits des Fahrrads tragen muss. Die Lösung: Kombi-Taschen, die am Gepäckträger hängen, aber auch als Rucksack getragen werden können. Wir haben beispielhaft fünf Modelle ausprobiert.
Der Schultergurt als Tragehilfe ist auf Dauer keine Lösung – wer eine Tasche längere Zeit tragen möchte, braucht ein komfortableres Tragesystem. Hier kommen die Kombi-Taschen ins Spiel, die sich schnell von einer Gepäckträgertasche in einen Rucksack verwandeln lassen und zurück. So fahren die Taschen bequem am Fahrrad, ohne dass die Fahrer:innen einen verschwitzten Rücken bekommen. Abseits des Rades trägt man sie ohne einseitige Belastung als Rucksack.
Unterschiede in der Konstruktion
Für den Wechsel von Rucksack zu Gepäcktasche und zurück gibt es unterschiedliche Prinzipien. Bei einigen Modellen befinden sich die Träger auf der einen, die Haken für die Gepäckträgermontage auf der anderen Seite. Bei anderen auf derselben Seite, wobei die Haken je nach Bedarf auf- oder abgedeckt werden. Jedes System hat dabei Vor- und Nachteile. Wobei die Dauer der Umrüstung für viele Nutzer:innen besonders wichtig sein dürfte. Wenn es zu lange dauert, die Gepäcktasche zum Rucksack umzufunktionieren, wird man es sein lassen, wenn man nur mal eben ins Geschäft muss.
In den letzten Jahren sind zahlreiche Kombi-Taschen auf den Markt gekommen. Unsere Auswahl ist daher nur eine Stichprobe. Sie soll dabei helfen, herauszufinden, welche Eigenschaften man sich von so einer Tasche wünscht. Wir haben uns auf wasserdichte Modelle beschränkt, denn nur diese sind wirklich alltagstauglich – wer hantiert schon gerne bei jedem Schauer mit Regenhüllen herum? Vertreten sind Kombi-Taschen von Haberland, Ortlieb, Otinga, Valkental und Vaude.
Taschen überzeugen in der Praxis
Die ausprobierten Taschen machen allesamt einen hochwertigen Eindruck und können in der Handhabung überzeugen. Die Tester:innen, die das Konzept der Kombi-Taschen bislang nicht kannten, waren von der Idee begeistert. Die Umrüstung klappt bei manchen Taschen schneller als bei anderen. Aber bei allen Modellen geht es mit etwas Übung sehr flott von der Hand.
Darüberhinaus sollte man sich die Frage stellen, welche Ansprüche man an eine solche Tasche hat: Soll sie viele Außentaschen haben für Kleinkram, welches System zu Gepäckträgerbefestigung gefällt am besten? Auch die Optik spielt natürlich eine Rolle. Die Taschenvolumen sind variabel, je nachdem wie weit der Rollverschluss geschlossen wird oder ob man ihn komplett offen lässt.
Haberland H2O
Preis: 119,95 Euro, Volumen: ab 22 Liter, Zuladung: sieben Kilogramm
Farbe: Schwarz
Die Tasche aus schwarzem Planenstoff ist simpel und effektiv konstruiert: Ein großes Fach mit aufgesetzter Fronttasche und einer herausnehmbaren Innentasche für Laptop und Kleinigkeiten. Die Gepäckträgerschiene stammt von Klickfix und ist einfach zu bedienen. Damit die Tasche in Kurven nicht nach außen abklappt, lässt sie sich mit einem Klettriemen an der Gepäckträgerstrebe befestigen – das ist etwas fummelig. Die Rucksackträger sind mit Karabinerhaken an der Tasche befestigt und lassen sich leicht komplett abnehmen, wenn man sie nur am Gepäckträger nutzen möchte und die Rucksackfunktion mal nicht benötigt.
Um den Rucksack zur Gepäcktasche zu machen, werden die Träger einfach auf die andere Taschenseite gestülpt und per Druckknopf verbunden. So bleiben sie an Ort und Stelle. Schneller geht das Umrüsten bei keiner anderen Tasche.
Da die Gepäckträgerschiene nur abgedeckt ist und der Rücken ansonsten keine Polsterung besitzt, ist die Haberland-Kombi-Tasche als Rucksack auf Dauer unbequem, besonders bei schwerer Beladung. Eine mehrstündige Wanderung ist damit eher nicht zu empfehlen, für alltägliche Transporte eignet sie sich aber.
Die H2O ist daher eher nebenberuflich Rucksack, hauptberuflich ist sie Gepäcktasche. Nachteil der Konstruktion: Ist man bei Regen unterwegs, ist der Rucksack-Rücken nicht vor Wasser und Schmutz geschützt. In der Fronttasche sollte daher am besten immer ein Lappen mitfahren, sonst verschmutzt man sich die Kleidung.
Ortlieb Vario
Preis: 200 Euro, Volumen: ab 26 Liter, Zuladung: bis neun Kilogramm
Farben: Schwarz, Petrol, Dark Sand, Roiboos
Der Fahrradtaschen-Pionier hat natürlich auch eine Kombi-Tasche im Programm. Die Vario bietet eine schicke Optik, das Material wirkt sehr hochwertig und belastbar. Innen ist sie mit Laptopfach und Netztasche Ortlieb-typisch eher spartanisch aufgeteilt. Außen befindet sich eine Netztasche, im Rucksack-Modus ist zudem eine Reißverschlusstasche in die Klappe integriert.
Diese Klappe verwandelt den Rucksack in eine Gepäckträgertasche, indem sie einfach auf einer Seite ausgehakt und auf die andere Seite gestülpt und wieder eingehakt wird. Das geht in wenigen Sekunden, das Umrüsten lohnt also auch für kurze Abstecher in den Supermarkt. Für bessere Sichtbarkeit ist die Klappe auch in reflektierend als Zubehör erhältlich. Für das Einhaken am Gepäckträger ist das bewährte Ortlieb-Quicklock-System verantwortlich, daher funktioniert es ebenso einfach und schnell.
Als Rucksack genügt die Vario ebenfalls hohen Ansprüchen. Der Rücken ist steif und sehr gut gepolstert, ebenso wie die sehr angenehm zu tragenden Gurte. Der Brustgurt ist auch in der Höhe verstellbar. Auch auf längeren Tragestrecken bleibt der Rucksack komfortabel zu tragen. Ist man mit dem Rad bei Regen unterwegs, kann die Rucksack-Seite aber feucht werden, da die Abdeckung oben nicht wasserdicht abschließt. Vor Schmutz ist das System aber weitegehend geschützt. Der Taschenboden ist mit Kunststoffkanten ausgestattet, die zum einen den Stoff vor Bodenkontakt schützen, und zum anderen für einen sicheren Stand der Tasche sorgen.
Otinga Flip V2
Preis: 179,95 Euro, Volumen: ab 26 Liter, Zuladung: bis acht Kilogramm
Farben:
Manche kennen Otinga noch unter dem Namen 2Bag, unter dem der Hersteller auch im Fernsehen bekannt wurde. Die Kombi-Tasche besitzt einen interessanten Klappmechanismus: Die untere Hälfte des Rückens mit den Rucksackträgern kann nach Öffnen eines Reißverschlusses hochgeklappt und mit einem weiteren Reißverschluss fixiert werden. So kommen die Klickfix- Haken zum Vorschein, mit der die Tasche an den Gepäckträger gehängt werden kann. Der Wechsel von Rucksack zu Gepäcktasche geht sehr zügig, sodass man es auch gerne für den kurzen Einkauf nutzt.
Auf eine untere Fixierung am Gepäckträger wird verzichtet. Das erhöht den Komfort, weil man nicht erst den unteren Haken am Gepäckträger einfädeln muss. Dafür gerät die Tasche schon mal spürbar ins Schwingen, wenn man einen Schlagloch-Slalom fährt oder vom Kopfsteinpflaster durchgerüttelt wird.
Die Tasche besteht aus Recycling-Material, das einen hochwertigen Eindruck macht. Das Hauptfach ist laut Hersteller wasserdicht, beim Duschversuch drang auch kein Wasser in die Seitentaschen ein. Vielleicht ändert sich das nach längerem Gebrauch – wasserabweisend sind die Außentaschen aber allemal. Das helle Innenfutter macht Gegenstände leicht auffindbar, Innenfächer und Laptopfach sind praktisch und zudem entnehmbar. Insgesamt erfreut das sehr schicke Äußere, auch die drei Außentaschen sind formschön integriert.
Valkental ValkPro 3in1
Preis: 119,99 Euro Volumen: ab 22 Liter, Zuladung: bis zehn Kilogramm
Farben:
Die Kombitasche von Valkental besteht aus Recyclingmaterial (mit Ausnahme des Modells aus Reflexmaterial). Die Rucksackträger befinden sich unter einer Klappe, an der die Haken zur Gepäckträgerbefestigung angebracht sind. Öffnet man einen umlaufenden Reißverschluss, lässt sie sich falten und im Boden der Tasche unterbringen. Das funktioniert nach etwas Gewöhnung gut, dauert aber etwas länger als bei anderen Konzepten. Ist die Tasche bereits voll beladen, muss man zudem etwas stopfen. Will man nur eben von Rad in den Supermarkt und dann weiterfahren, lässt man es meistens lieber bleiben. Für solche Fälle ist aber ein Schultergurt mitgeliefert.
Die Polsterung des Rückens und der Gurte ist angenehm, der Rücken ist aber etwas flexibel, was den Tragekomfort gerade bei schwerer Ladung leicht einschränkt. Für den Alltagseinsatz ist das völlig ausreichend, für Tagesausflüge reicht es für manche Nutzer:innen vielleicht nicht.
Das rote Innenfutter hilft dabei, Inhalt besser zu finden. Die Innenaufteilung mit Laptopfach und Netztasche ist sinnvoll, die Außentaschen für Trinkflaschen, Regenschirme etc. praktisch. Sehr schönes Detail: Ein Fach am Rücken nimmt diebstahlsicher das Portemonnaie auf. Die oberen Gepäckträgerhaken funktionieren bestens, den unteren Haken muss man aber etwas aufbiegen, um ihn über die Strebe schieben zu können – laut Valkental arbeitet man bereits an einer Verbesserung.
Vaude Aqua und ReCycle Transformer 26 (Prototyp)
Preis: voraussichtlich 180 Euro, Volumen: ab 26 Liter, Zuladung: voraussichtlich 12 Kilogramm
Farben: je drei noch nicht genannte Farben
Noch vor dem Verkaufsstart im August hat Vaude uns einen Prototypen der Transformer-Kombi-Tasche geschickt. Es wird sie in zwei Versionen aus unterschiedlichem Material geben (siehe Fotos). Die Transformer ist geräumig, hat ein Laptopfach und kleinere Fächer für Kleinkram, ansonsten erinnert sie sehr an eine normale Gepäcktasche. Das Tragesystem mit steifem Rücken und hochwertigen Polstern am Rücken und den Trägern fühlt sich auch nach längerer Tragezeit sehr komfortabel an. Bei Regenfahrten kann der Rücken aber feucht werden, da die Abdeckung oben nicht wasserdicht abschließt. Vor Verschmutzung ist die Rucksack-Seite aber weitgehend geschützt.
Umgewandelt zur Gepäcktasche wird die Transformer, ähnlich wie die Ortliebtasche, indem die Abdeckung auf die andere Seite wandert und so die Gepäckträgerbefestigung freigibt. Das geht in sekundenschnelle und ist damit auch für kurze Trips abseits des Rades geeignet.
Die Rucksackträger lassen sich in einer Netztasche verstauen, wenn die Tasche wieder umgewandelt wird. So zappeln keine Riemen frei herum. Die typischen Vaude-Gepäckträgerhaken lassen sich komfortabel in den Gepäckträger hängen und werden dann verriegelt, indem man den oberen Teil der Tasche andrückt.
Der Riemen zum Festzurren des Rollverschlusses ließ sich schwer enger ziehen, löste sich dafür aber häufig unbeabsichtigt – das dürfte eines der Details sein, das Vaude noch verbessert. Eine Außentasche gibt es nur im Rucksack-Modus.
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